Beziehung

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Keyword: Beziehung

Links: > Anima/Animus > Beziehung, therapeutische > Coniunctio/Mysterium Coniunctionis > Ehe/Partnerschaft > Eros-Prinzip > Induktion > Liebe > Männliches und Weibliches Prinzip > Paar > Resonanz > Syzygie > Übertragung/Gegenübertragung

Definition: Der Mensch ist ein Beziehungswesen. Beziehung als Grundlage der menschlichen Existenz kann auf intrapersonaler, interpersonaler und transpersonaler Ebene wahrgenommen werden. Sie bestimmt maßgeblich die > Individuation, die selbst einen doppelten Beziehungsprozess darstellt: Einerseits ist sie „ein interner, subjektiver Integrationsvorgang, andererseits aber ein ebenso unerlässlicher, objektiver Beziehungsvorgang.“ (Jung, GW 16, § 448) Intrapersonale Beziehung umfasst vor allem den Dialog zwischen dem > Bewusstsein und dem Unbewussten (> Unbewusstes > Beziehungsquaternio > Funktion, transzendente). In Bezug auf das persönliche Unbewusste geht es hierbei um die Bewusstmachung und > Integration des Schattens (> Schatten) und der Komplexe (> Komplex), hinsichtlich des kollektiven Unbewussten um die Auseinandersetzung mit und die > Differenzierung von unbewussten archetypischen Inhalten, deren vollständige > Integration aber nicht möglich ist. Die > Identifikation des Bewusstseins mit Archetypen (> Archetyp) hat eine > Inflation des Ich (> Ich/Ich-Bewusstsein) zur Folge. Von zentraler Bedeutung ist für C. G. Jung die Beziehung zwischen dem > Ich/Ich-Bewusstsein und dem > Selbst und damit die Beziehung zum Numinosen (> Numinoses). Als eine dem Ich übergeordnete Größe bildet das Selbst die Mitte und den Umfang der > Psyche. Die Erfahrung des Selbst ist Ziel des Individuationsprozesses, wobei die Ich-Selbst-Beziehung ausgewogen und differenziert sein muss. > Bewusstsein und > Unbewusstes stehen in kompensatorischer Beziehung zueinander, ein gestörtes Gleichgewicht zwischen ihnen z. B. durch > Verdrängung unbewusster Inhalte oder durch Überschwemmung des Ich von archetypischen Bildern und Energien kann zur > Neurose oder > Psychose führen. Der bewusste Bezug zur Welt geschieht u. a. durch die vier > Orientierungsfunktionen. Die > Persona als Maske des Ich ist derjenige Teil der Persönlichkeit, der in Beziehung nach außen tritt. Zwischenmenschliche Beziehungen werden unbewusst durch die > Projektion von Anima/Animusbildern (> Anima/Animus) mit beeinflusst. Intrapersonale und interpersonale Beziehung bedingen einander: „Die Beziehung zum Selbst ist zugleich die Beziehung zum Mitmenschen, und keiner hat einen Zusammenhang mit diesem, er habe ihn denn zuvor mit sich selbst“ (Jung, GW 16, § 445).

Information: Es gibt viele interpersonale Beziehungsformen, in denen Menschen ihre Beziehungsfähigkeit entwickeln bzw. leben können, z. B. Freundschaft, hetero- und homosexuelle Partnerschaft, > Ehe/Partnerschaft, > Familie und unterschiedlichste Arten von Gemeinschaften oder Gruppen (> Gruppenpsychotherapie). Die früheste Beziehung ist die Mutter-Kind-Beziehung (> Mutterarchetyp, Urbeziehung). Veränderte Beziehungsmuster zwischen den Geschlechtern sind heute von besonderer Bedeutung (> Feminismus). Die Ich-Du-Beziehung ist Voraussetzung für die Individuation: „Der unbezogene Mensch hat keine Ganzheit, denn er erreicht diese nur durch die Seele, die ihrerseits nicht sein kann ohne ihre andere Seite, welche sich stets im ‚du‘ findet.“ (Jung, GW 16, § 454).

Die analytische bzw. therapeutische Beziehung (> Beziehung, therapeutische) als Ort der Individuationsförderung ist ein komplexes Gefüge aus > Übertragung/Gegenübertragung > Projektion, Realbeziehung und > Arbeitsbündnis. Die Dynamik von > Übertragung/Gegenübertragung ermöglicht eine Rücknahme der, auf die Analytikerin, den Analytiker projizierten, unbewussten Inhalte und damit ihre Integration ins Bewusstsein. Auch wenn C. G. Jung vielfach eine kritische Haltung dem > Kollektiv gegenüber einnimmt, hebt er gleichzeitig die gegenseitige Angewiesenheit von Gemeinschaft und Individuum hervor und betont: „Ohne Bezogenheit ist Individuation nicht möglich“. (Jung, Briefe 3, 358) In der heutigen Analytischen Psychologie (> Analytische Psychologie) werden Gruppen als Katalysatoren von Wachstums- und Reifungsprozessen wertgeschätzt und ihre transformierenden Kräfte im Bereich der > Gruppenpsychotherapie und Selbsterfahrung zur Heilung (> Heilen/Heilung) und Individuationsförderung genutzt. Auch die Bedeutung von geschlechtshomogenen Gruppen für die Identitätsentwicklung von Männern und Frauen wird heute betont. Beziehung in ihrer transpersonalen Dimension kann als archetypische Kraft verstanden werden, die jedem intrapersonalen und interpersonalen Beziehungsgeschehen zugrunde liegt. So bestimmen die konstellierenden Kräfte des Archetyps der Gruppe die Bildung menschlicher Gemeinschaftsformen bzw. die des Archetyps der Bezogenheit die Verbundenheit alles Lebendigen auf globaler bzw. kosmischer Ebene. Der Archetyp der Bezogenheit kann tiefe > Liebe zwischen Lebewesen bewirken und damit Erfahrungen aus dem Bereich von > Mystik und > Spiritualität ermöglichen.

Literatur: Dorst, B. (1990): Der Archetyp der Gruppe; Jacoby, M. (1993): Übertragung und Beziehung in der Jungschen Praxis; Kast, V. (1984): Paare; Nguyen, C. (2000): Transzendenz in Beziehung.

Autor: C. Neuen