Traum
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Definition: Als Traum wird die geistige Aktivität während des Schlafes verstanden, wobei sich in die Unbewusstheit des Schlafzustandes durch den Traum und sein Erleben ein Bewusstseinselement mischt. Im autoregulativen System der Psyche (> Selbstregulation) und des körperlichen Organismus erfüllt der Traum wichtige Aufgaben.
Die biologische Funktion des Traums besteht darin, regulatorisch Spannungen abzubauen, archetypische Muster und instinktgebundene Bereitschaften einzuüben und diese Bahnungen mit Außenwelterfahrungen abzugleichen, womit Lernprozesse und kreative Problemlösungen gefördert werden. Träumen findet nach neuesten Erkenntnissen nicht nur in den REM-Phasen (rapid eye movement]]), sondern in untergeordnetem Umfang auch in den Tiefschlafphasen statt.
Information: Im Traum werden in erster Linie die phylogenetisch ältesten Hirnregionen wie der Hirnstamm und das limbische System aktiviert, die psychologisch in Beziehung zu den archetypischen Erlebensweisen gesetzt werden können. Durch die im Schlaf auftretenden Theta-Rhythmen des Hippocampus, der zum limbischen System gehört, werden offenbar Erinnerungen fest eingeprägt und angeborene Muster für Lernzwecke aktiviert. Dadurch kann die Anpassung an neue Situationen gefördert werden. Die Energie zur Erzeugung der Traumbilder wird durch einen anderen Teil des limbischen Systems, die Amygdala bereitgestellt. Von diesem Affektzentrum schreiten die Erregungen zu anderen Hirnregionen, z. B. auch zum Sehzentrum fort. Hier ist der physiologische Weg vorgezeichnet, den die Traumsymbole, die je intensiver desto gefühlsbetonter sind, zurücklegen.
Die psychologische Funktion des Traums besteht vermutlich in einer psychischen Regulation mit dem Ziel, die zwischen den Systemen des Bewusstseins und des Unbewussten meist bestehende Gegensatzspannung oder sogar Dissoziation abzubauen und zu überbrücken. Dadurch trägt der Traum dazu bei, die Entwicklung und Bewusstseinserweiterung des Individuums (> Individuation) zu fördern, wenn es gelingt, die Trauminformationen zu integrieren. Deswegen nimmt der Traum eine wichtige Rolle im Rahmen des Individuationsprozesses ein. Der Traum löst diese Aufgaben durch - wie C. G. Jung es ausdrückte - "eine spontane Selbstdarstellung der aktuellen Lage des Unbewussten in symbolischer Ausdrucksform." (vgl. Jung, GW 8, § 505) Die dem Bewusstsein fehlende Energie wird diesem über das Symbol zugeliefert. Das Symbol ist Träger psychischer Energie und seine Gestalt bietet dem Ich-Bewusstsein die Möglichkeit, dieses Energiepotenzial in Begriffen des Bewusstseins aufzunehmen und zu apperzipieren (> Funktion, transzendente).
Ein Traum folgt typischerweise einer bestimmten Struktur (> Traumstruktur), die aber durch Einwirkung von > Komplexen verändert sein kann. Der Übergang vom Wachen zum Träumen erfolgt durch ein Abaissement des Bewusstseins (> Abaissement du niveau mental), in dem das Ichbewusstsein zum Traum-Ich, dem Bewusstseinsorgan im Traum, mutiert. Je nach Tiefe der Regression, unterschiedlich in den einzelnen Träumen, kann es über bewusstseinsnahe Schichten ins biografische und schließlich ins kollektive Unbewusste eintauchen. Sein Weg wird dabei durch pathogene Komplexe aufgehalten, die zunächst die Traumphänomenologie bestimmen. Deren Bearbeiten macht den Weg in tiefere Schichten frei.
In der therapeutischen Arbeit mit Träumen kann der Fokus auf verschiedene Arbeitsebenen gelegt werden. Einmal kann der Traum als Kompensation des Bewusstseins betrachtet werden, indem er einen Gegenstandpunkt zum zu einseitigen Bewussten errichtet (vgl. Jung, GW 8, § 483f). Vielleicht zu den wichtigsten Herangehensweisen gehören die Konzepte von > Subjektstufe und > Objektstufe. Das tiefste Verständnis des Traums führt alle Traumbilder auf die eigene Psyche und deren Komponenten, die Subjektstufe, zurück.
Weiter sind die kausale (> Kausalität) und die finale Betrachtungsweise (> Finalität) des Traums zu nennen, seine geschichtlich-anamnestische Bedingtheit einerseits und seine vorausweisende, zielorientierte und oft antizipatorische Funktion andererseits. Ein anderer Blickwinkel ist der, die Träume nach Tagesresten und - manchmal sublimininalen - Reminiszenzen abzusuchen und Wach-Ich und Traum-Ich zu vergleichen. Ferner stellt die Ebene der > Orientierungsfunktionen (> Empfinden, > Intuieren, > [[Denken und > Fühlen) weitere Arbeitsmöglichkeiten bereit. Schließlich kann die Betrachtung der im Traum sichtbar werdenden Komplexe mit ihrer Veränderung der Traumdynamik diagnostisch und therapeutisch sehr fruchtbar genutzt werden, ebenso die Analyse der Übertragungs- und Gegenübertragungsvorgänge. Für all diese Aspekte der Traumarbeit können die Methoden von fokussierter > Assoziation und > Amplifikation für die Sinnfindung eingesetzt werden.
Die Analytische Psychologie legt Wert darauf, den Traum nicht von außen zu deuten, (> Deutung) sondern gemeinsam mit dem Patienten eine für diesen, persönliche Bedeutung zu erarbeiten (> A-H-Methode). Durch das therapeutische Arbeiten mit Träumen kann über das Auffinden des jeweiligen Signals und das Heben von bisher unbewusster Energie ins Bewusstsein (durch das Verstehen und Erfahren der Symbole) ein Heilungsprozess initiiert werden.
Literatur: Adam, K.-U. (2000): Therapeutisches Arbeiten mit Träumen; Dieckmann, H. (1978): Träume als Sprache der Seele; Hark, H. (2000): Die Heilkraft der Träume; Stevens, A. (1996): Vom Traum und vom Träumen
Autor: K.-U. Adam