Symbol, Gefahren
Keyword: Symbol, Gefahren
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Definition: > Symbole können destruktive und selbstentfremdende Wirkungen haben, wenn man ihre Gefahren und ihre geheimen Untiefen nicht kennt (vgl. Müller /Knoll 1998).
Information: 1. Verwechslung von Symbolischem und Konkretem (> Hypostasierung > Konkretismus): Man hält das Symbol wie selbstverständlich für die Realität und erkennt nicht, dass es sich dabei um eine psychische Konstruktion, eine bildhafte Vorstellung handelt, die sich über einen unbekannten Sachverhalt legt. Diese Neigung ist deshalb naheiegend, weil es sich bei der wahrgenommenen äußeren Wirklichkeit nur um eine von mehreren Wirklichkeitsinterpretationen handelt (> Konstruktivismus). Der Übergang zwischen symbolischen Vorstellungen und den sog. "realistischen" ist immer sehr fließend. Häufig ist ihre Unterscheidung nur nach langer, manchmal auch schmerzhafter Erfahrung möglich. Es ist aber ein lohnendes Ziel, die Unterscheidung von Symbolischem und Realem zu schärfen, um sich sicher in beiden Welten bewegen zu lernen. Die Verwechslung ist oft fatal, führt zu Vorurteilen und Fehleinschätzungen. Solche Konkretisierung des Symbolischen findet man beispielsweise in der populären psychosomatischen Literatur, wenn aufgrund isolierter Krankheitssymptome symbolisch deutend auf deren psychische Ursache kurzgeschlossen wird: Wenn einer einen Schnupfen hat, dann ist er "verschnupft" oder hat "die Nase voll", wenn einer Magenbeschwerden hat, dann ist ihm eben etwas "auf den Magen geschlagen", oder "er hat zu viel Wut in sich hineingefressen". Dabei wird übersehen, dass der Mensch und sein Organismus ein viel komplexeres System sind, als dass seine psychosomatischen Funktionsabläufe sich auf solche einfachen Analogiebildungen (> [[Analogie) reduzieren ließen. Auch dürfen Krankheiten nicht als psychogen (> Psychogenese) verursacht angesehen werden, nur weil man ihre genauen Ursachen noch nicht kennt oder weil eine psychische Analogie nahe liegt. Auf diese Weise können ernsthafte körperliche Erkrankungen übersehen oder verharmlost werden, irrationale, abergläubische Behandlungsmethoden versucht und eine angemessene notwendige medizinische Behandlung versäumt werden. Darüber hinaus werden Menschen, deren Leiden schon schwer genug zu tragen ist, mit zusätzlichen Schuldzuschreibungen, Unbewusstheiten und vermeintlichen Charaktermängeln belastet.
2. Kommunikationsschwierigkeiten: Gerade die Vieldeutigkeit der symbolischen Begriffe, die ja einerseits ihr schöpferisches Potenzial ausmacht, führtnatürlicherweise zu vielerlei kommunikativen Schwierigkeiten, denn es ist schwer zu erfassen, wie das Gegenüber einen Begriff genau versteht, mit welchen emotionalen Beiklängen es ihn verbindet. Die Vieldeutigkeit kann Symbole auch zu nichtssagenden, unbestimmten Leerformeln machen, die sich wie Joker-Karten beliebig einsetzen lassen, wenn es am genauen Begriff und einer präzisen Vorstellung mangelt. Man kommuniziert nicht wirklich miteinander, sondern man tut nur so als ob man sich verstünde. Das erinnert an Andersens Märchen von „des Kaisers neuen Kleidern“, in dem keiner das offensichtliche ausspricht, aus Angst für dumm und inkompetent gehalten zu werden.
3. Chaotisierung (> Chaos) und > Regression: Mit dem symbolischen Denken und Erleben ist eine höhere Durchlässigkeit der verschiedenen psychischen Dimensionen verbunden, was sich in regem Gedankenfluss, spontanen, intensiven Gefühlen (> Emotion), originellen> Fantasien und kreativen Einfällen (> Intuition,intuitive Funktion > Kreativität), also einer sehr angeregten, bewegten seelischen Tätigkeit, ausdrücken kann. Diese seelische Lebendigkeit ist aber nur dann wirklich schöpferisch, wenn sie mit dem alltäglichen Leben und der äußeren Realität gut verbunden wird (> Bewusstsein, schöpferisches). Wo dies der Psyche aus irgendwelchen Gründen der individuellen Disposition nicht gelingt, bekommt die symbolische Dimension eine möglicherweise krankmachende Überbetonung (> Neurose > Psychose).
Wie es eine Flucht vor der Seele gibt, so gibt es auch eine Flucht vor der Welt, den Beziehungen zu anderen Menschen und dem gelebten Leben. Die Innenwelt wird dann zu einem Zufluchtsort, der vor den Ängsten und Kränkungen des Lebens schützt und das Gefühl von geborgener Führung vermittelt. Dies kann zu einem Rückzug aus sozialen Bindungen und Verantwortung, zu einer Regression in magische Erlebensformen (> Magie) und abergläubische Ängste führen, in denen innere und äußere Realität immer weniger unterschieden werden können. Ganz besonders groß ist diese Gefahr bei bestimmten okkulten, mediumistischen und magischen Praktiken (> Automatismen, psychomotorische > Hermetik > Magie > Parapsychologie), die zu einer starken Aktivierung psychischer Komplexe und Bilder führen. Die Vielzahl der schwer handhabbaren unbewussten Einflüsse (> Bewusstsein > Unbewusstes) kann Fragmentierungserscheinungen (> Desintegration > Dissoziation) auslösen. Man bekommt Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren, die Gedanken in eine sinnvolle Ordnung zu bekommen und fühlt sich ständig wechselnden Gefühlen und Ideen ausgeliefert. Der beste Schutzmechanismus gegen eine solche Überflutung durch Inhalte der Innenwelt ist eine gesicherte und verantwortliche Situation in der Außenwelt. Diese hat meist einen stabilisierenden und erdenden Einfluss.
Literatur: Müller, L. (1989]]): Magie; Müller, L., Knoll, D. (1998]]): Ins Innere der Dinge schauen.
Autor: L. Müller